Schon seit sehr langer Zeit hatte ich vor, meine Besuche als Gast bei den Sitzungen des Stadtrates und den Ausschüssen in Rothenburg ob der Tauber in meinen eigenen Beobachtungen auf meinem privaten Blog wiederzugeben. Oft ist mein Eindruck, dass zu wenige Menschen außerhalb der politischen Blase mitbekommen, wie es in den öffentlichen Sitzungen im Sitzungssaal des Rathauses zugeht. Oder auch, weil viele andere Parteien und Fraktionen wenig bis gar nicht darüber berichten. Ich gehe nicht nur wegen der Inhalte in die öffentlichen Sitzungen hin, sondern auch weil mich die Themen bewegen und interessieren und ich unsere grünen Stadträt*innen unterstützen möchte.
Deshalb ist das hier ein Versuch von mir regelmäßig darüber zu berichten. In der Vergangenheit war ich öfters mal vereinzelt bei einigen Sitzungen, hatte aber zu meinem Bedauern keine Notizen für mich gemacht und danach keine Zeit mehr gehabt, mich intensiver rückwirkender aufzuschreiben und zu veröffentlichen.

Bei der 15. Sitzung des Kulturausschusses (KTA) war das aber diesmal anders. Auch die Presse (FLZ am Samstag, 02. August 2025) berichtete darüber.
Meine Eindrücke und der Aufschrieb hier sind meine persönliche Meinung (fast wie ein Leserbrief).
Tagesordnungspunkte
Neben den interessanten und ausführlichen Berichten und Einblicken über die Marktplatzkonzerte, Rothenburg als Zentrum jüdischer Hochkultur mit hochkarätigen Workshops im Oktober 2025, Kulturereignissen in der Stadt und Digitalen Trends im Tourismus (werde ich mal extra darüber berichten, habe mich nach der Sitzung super ausgetauscht), gab es vor allem zwei Beschlussvorlagen, über die ich einige Punkte in meinem Notizblock aufgeschrieben habe, und die meinem Empfinden nach für intensive Diskussionen außerhalb der Sitzung in der Bevölkerung, bei Stammtischen oder engagierten Gruppen sorgen.
Veranstaltung AvD-Histo Monte 2026
In der Beschlussvorlage VL-168/2025 ging es um die Veranstaltung vom AvD-Histo Monte 2026. Ich zitiere hier aus der PDF Vorlage:
Im Februar 2026, vom 09.-11.02. (Montag-Mittwoch), möchte die Stadt Rothenburg zusammen
mit dem Veranstalter PlusRallye, die AvD-Histo Monte in Rothenburg durchführen, mit ca. 80
Fahrzeugen. Bei der Kategorie der Fahrzeuge handelt es sich ausnahmslos um Old- und
Youngtimer. Die Veranstaltung fand zuletzt im Februar 2024 in Rothenburg statt mit ca. 80
Fahrzeugen. 2026 wäre es die vierte Veranstaltung dieser Serie in Rothenburg. Es handelt sich
bei der AvD- Histo Monte nicht um eine Motorsportveranstaltung oder Rallye, sondern um
Gleichmäßigkeitsfahrten/ Zeitfahrten, ohne dabei mit der StVO in Konflikt zu kommen.
Aufgrund der guten mehrjährigen Zusammenarbeit mit PlusRallye, der medialen Reichweite mit
Pressekontakten und Werbung, möchte die Stadt Rothenburg diese Veranstaltung wieder
durchführen. Positiv hervorzuheben sind die zusätzlichen Übernachtungen in der ruhigen Zeit
im Februar für Rothenburg und die Gastgeber.
Die AvD-Histo Monte ist eine zielgerichtete Veranstaltung für die vom RTS gesetzte Zielgruppe
der Konservativ-Etablierten aus den Sinus Milieus.
Darüber wurde im Ausschuss diskutiert und beraten, wobei immer wieder auf die zusätzlichen Übernachtungen und das voraussichtlich positive Image und die Berichterstattung (in für Oldtimerkreisen relevanten Publikationen) hingewiesen wurde. Unsere grüne Stadträtin Gabriele Müllender hat sich auch zu Wort gemeldet und Bedenken geäußert und die Umweltbelastung der vielen Oldtimer auf dem Marktplatz bemängelt und vorgeschlagen, dass ein anderer Ort in Rothenburg doch auch gut geeignet wäre und nicht der Marktplatz. Eigentlich ein guter Vorschlag. Gabriele hat nicht die gesamte Veranstaltung in Frage gestellt. In ihrer mündlichen Frage hat sie gefragt, ob nicht für die Zurschaustellung der Oldtimer aufgrund der erwarteten Umweltbelastung auf dem Marktplatz nicht auch auf einen anderen Ort in Rothenburg ausgewichen werden könne.
Daraufhin kamen aus verschiedenen Ecken Entgegnungen, dass die Fahrzeuge nicht zu viele Abgase produzieren würden und auch die Belastung sehr gering wären im Gegensatz zu den alltäglichen Fahrzeugbewegungen (zum Beispiel von Herr Raapke vom RTS (Rothenburger Tourismus Service) und hat schon gedroht, dass die Veranstalter sich einen anderen Veranstaltungsort suchen würden). Warum hier nicht auch mal der Versuch und Rücksprache mit den Veranstaltern unternommen werden hätte können, erschließt sich mir nicht. Nicht mal der Versuch, dass die Stadt dem Veranstalter unterbreitet wird, einen anderen Ort in Rothenburg vorzuschlagen. Ich habe den Kopf geschüttelt.
Meines Erachtens driftete die Diskussion dann zu sehr ab, in der die möglichen Umweltbelastungen und auch die Bedenken einiger Bürgerinnen und Bürger der Stadt aufgrund des Lärms eher abgetan wurden und die Frage wurde nicht mal ansatzweise Ernst genommen. Ein Stadtrat der Freien Rothenburger Vereinigung hat sich dann als „Verbrenner-Fan“ bekannt und gemeint, er kenne sich ziemlich gut aus mit Autos und so viel Umweltbelastung wäre da nicht zu erwarten. Meinem Empfinden nach hat er nur darauf gewartet, irgendwas mit „Verbrennern“ zu erwähnen, um vom Thema abzulenken. Soll er doch, es ging ja nicht um ihn. Wahrscheinlich ist für diesen Politiker alles ein Reizthema was „Umwelt“ und Ähnliches betrifft. Oder wenn eine Frage und ein Vorschlag die nicht seinem Weltbild entsprechen, von einer Frau gestellt wird. Das könnte ich mir eher vorstellen, so wie ich diese Person in der Sitzung erlebt habe. Kann aber auch natürlich ganz anders sein. Immer wieder wurde die Wichtigkeit betont, wie wertvoll so eine Veranstaltung für Rothenburg sei. Ist schon aufgefallen, dass die Veranstalter laut Mitteilung (siehe oben Zitat) betonen, dass es ich nicht um eine Motorsportveranstaltung oder Rallye handelt, sondern um Gleichmäßigkeitsfahrten. Und natürlich würden sich alle an die StVO halten und nicht damit in Konflikt kommen. Fast hätte ich als Gast geglaubt, gleich kommt ein Süßigkeitenhersteller herein und sagt „Raiders heißt jetzt Twix, sonst ändert sich nix“. Auch wenn es einen anderen Namen hat – es sind doch Autos, oder? Und ob Ralley oder Gleichmäßigkeitsfahrten – diese Autos produzieren auch Abgase, oder?
Der Ausschuss stimmte dann mit einer Gegenstimme für die Beschlussvorlage.
Als wäre die Sitzung nicht schon aufgeladen genug gewesen, war das zweite Thema auch etwas mit Autos und Marktplatz… und zwar:
Deutschlandtreffen des Allgemeinen Schnauferl Clubs e.V. (ASC) in Rothenburg vom 04.-07.06.2026
Mir war nicht klar, was ein Schnauferl-Club ist. Aber es ist ein Autoclub und die feiern ihr Bestehen und weil da der Vizepräsident ein Rothenburger Hotelier ist, möchte er gerne eine Veranstaltung nach Rothenburg holen. Im Juni nächstes Jahr. Hier als Zitat aus der Beschlussvorlage VL-171/2025 der Sachverhalt:
Der Allgemeine Schnauferl-Club Deutschland e.V. (abgekürzt: ASC) wurde im Jahre 1900 in
Nürnberg gegründet. Im Mai dieses Jahres fand dort die Jubiläumsfeier 125 Jahre Allgemeiner
Schnauferl-Club statt.
Der ASC ist damit einer der ältesten Automobilclubs der Welt und in Deutschland der älteste
durchgehend existierende Automobilclub überhaupt.
Er setzt sich aus 16 Landesgruppen zusammen und hat ca. 1600 Mitglieder in Deutschland,
Österreich und der Schweiz.
Jede Landesgruppe organisiert im Wechsel alle 15-16 Jahre ein ASC-Deutschlandtreffen. In
2026 ist die ASC-Gründungslandesgruppe Nordbayern mit der Organisation betraut.
Präsident der Gründungslandesgruppe Nordbayern sowie Vizepräsident des ASC-Deutschland
ist der Rothenburger Hotelier Jürgen Klatte, der mit einem Team aus seinem Präsidium das
Schnauferltreffen rein ehrenamtlich plant, organisiert und durchführt.
Die Veranstaltung ist auf 100 Fahrzeuge begrenzt. Es sind Automobile der Baujahre 1886-1986
zugelassen, wobei älteren Fahrzeugen der Vorzug gegeben wird und nie zwei baugleiche Fahr-
zeuge dabei sind. Die Qualität und Historie der Fahrzeuge ist exzeptionell, mit vielen einzigarti-
gen automobilen Raritäten, was die Veranstaltung zu einem besonderen Erlebnis für Zuschauer
und Gäste macht. Viele solcher Fahrzeuge sind nur noch in Museen oder Ausstellungen vor-
handen.
Der 04.06 ist Anreisetag, mit Fahrzeugabnahme, Dokumentenabgabe und Eichstrecke. Am ers-
ten Fahrtag 5.6. geht es Richtung Mainfranken; Ochsenfurt, Würzburg, der zweite Fahrtag 6.6.
steht unter dem Motto „Tauber-, Jagst-, und Kochertal“. Es geht Richtung Künzelsau (Würthmu-
seum). Die StVO wird eingehalten. Maximal werden sich 10 Fahrzeuge gleichzeitig am Markt-
platz befinden.
Finanzielle Auswirkungen:
Einnahmen für Ausnahmegenehmigungen des Straßenverkehrsamtes: ca. € 2200,-
(€ 200,- für Sondernutzung Marktplatz und € 20,- pro Fahrzeug )
Anders als die „Rallye“, sind es hier 100 Fahrzeuge begrenzt. Hier hat Gabriele Müllender auch wieder ihre Bedenken und die Frage nach der Umweltbelastung eingebracht und auch einen zentralen Treffpunkt außerhalb der Altstadt befürwortet, sie habe im Vorfeld mit vielen Menschen gesprochen, für die so eine Veranstaltung eine Belastung in der Altstadt darstellt“. Und auch hier haben wieder viele andere Menschen im Ausschuss Punkte gefunden, die die Bedenken zerstreuen wollten. Es kamen Begriffe wie „eFuels“ auf und wie belastungsarm die Oldtimer doch unterwegs sein würden, oft nur dieses eine Mal im Jahr fahren würden und auch der Oberbürgermeister hat sich (meiner Wahrnehmung in dem Punkt!) nicht für die Belange von Rothenburgern interessiert, die Bedenken haben, sondern meinte „es sei eine Veranstaltung auf Weltniveau“. Ich hatte fast den Eindruck, gleich kommt sowas wie ein Oldtimer-Ralf Schumacher um die Ecke und Rothenburg sei keine Kleinstadt, sondern vergleichbar mit Monte Carlo und Formel 1. Halt, ist ja keine Rallye oder Rennen…
Jetzt wurde es interessant, denn ich wusste nicht, dass in den Sommermonaten (Juni bis August) in der Stadt keine Genehmigung für das Abstellen von Fahrzeugen (also für Oldtimer- und Sportwagenausfahrten generell) besteht. Wobei – es gibt da eine Ausnahme aus dem Jahr 2016.
„VL-302/2016 Parken von Fahrzeugen auf dem Marktplatz im Rahmen von Oldtimeraus-
fahrten“
In den Monaten Juni bis August wird für Oldtimer- und Sportwagenausfahrten generell
keine Genehmigung zum Abstellen der Fahrzeuge auf dem Marktplatz und Kirchplatz
ausgestellt. Außerhalb dieser Zeiten kann eine Sondernutzungserlaubnis ausgestellt
werden. An Gebühren werden pauschal 200,00 € zuzüglich 20,00 € je Fahrzeug festge-
setzt. Ausnahmsweise können in besonderen Einzelfällen auch Veranstaltungen von Juni
bis August genehmigt werden.
Da es sich ja um eine „hochwertige Veranstaltung“ handelt, würde so eine Ausnahmefall ergeben und mit nur einer Gegenstimme stimmte der Ausschuss dem Deutschlandtreffen des Schnauferlclubs in Rothenburg zu.
Da konnte ja der Hotelier gut durchschnaufen.
Rothenburg ist mehr als nur Kulisse
Mein kleiner Wunsch an dieser Stelle wäre, dass sich einige der gewählten Stadträte (hier gendere ich nicht, weil viele Äußerungen von Männern kamen) wirklich ernsthaft für die Belange von den Rothenburger Menschen interessieren und Ernst nehmen und nicht zu sehr auf Tourismus, Presse und Außendarstellung von Veranstaltung mit Image für die Stadt setzen. Die Stadt ist mehr als nur eine Kulisse! Sie soll auch eine lebenswerte Stadt sein. Nicht nur für das nächste Jahr, sondern für die nächsten Generationen.