Am Mittwoch, 19. Dezember 2018 veröffentlichte der ESA-Astronaut Alexander Gerst (sein ESA Blog) während der Horizons-Mission eine Botschaft an seine Enkelkinder. Obwohl an seine Nachkommen gerichtet, gilt sie auch uns für uns alle. Alle sollten für den Planeten den wir Heimat nennen, Schutz und Verbesserung beisteuern.

Über das Internet und via Twitter, Facebook und andere Medien wurde der Beitrag tausendfach geteilt und es wäre schade ihn nicht gesehen zu haben. Deshalb hab ich den deutschen Text parallel zum Abspielen des Videos abgetippt.

Seine Botschaft

Mit Musik hinterlegt begann Alexander Gerst in die Kamera zu sprechen:

„Liebe Enkelkinder,
ihr seid noch nicht auf der Welt und ich weiß noch nicht ob ich euch jemals treffen werde, deshalb hab ich beschlossen euch diese Nachricht hier aufzuzeichnen, ich befinde mich gerade auf der internationalen Raumstation im Cupola Aussichtsmodul und schaue auf euren wunderschönen Planeten runter. Und obwohl ich bis jetzt schon fast ein Jahr im All verbracht habe und an jedem einzelnen Tag da runter geschaut habe, kann ich mich einfach nicht daran satt sehen. Ich weiß es hört sich für euch vermutlich komisch an, aber zu der Zeit als die ISS gebaut wurde und hier oben im Orbit war, konnte noch nicht jeder Mensch in den Weltraum reisen und die Erde von außen sehen. Vor mir waren es gerade mal um die 500 Menschen. Im Moment leben da unten 7 Milliarden Menschen auf diesem Planeten. Und nur drei einzelne davon leben im Weltraum. Und wenn ich so auf den Planeten runterschau, dann denke ich das ich mich bei euch wohl leider entschuldigen muss. Im Moment sieht es so aus als ob wir, meine Generation euch den Planeten nicht gerade im besten Zustand hinterlassen werden.
Im Nachhinein sagen natürlich immer viele Leute sie hätten davon nichts gewusst aber in Wirklichkeit ist es uns Menschen schon sehr klar dass wir im Moment den Planeten mit Kohlendioxid verpesten, dass wir das Klima zum Kippen bringen, dass wir Wälder roden, dass wir die Meere mit Müll verschmutzen, dass wir die limitierten Ressourcen viel zu schnell verbrauchen und dass wir zum Großteil sinnlose Kriege führen.
Und jeder von uns muss sich da an die eigene Nase fassen und sich überlegen wohin das gerade führt. Ich hoffe sehr für euch, dass wir noch die Kurve kriegen und ein paar Dinge verbessern können und ich würde mir wünschen, dass wir nicht bei euch als die Generation in Erinnerung bleiben die eure Lebensgrundlage egoistisch und rücksichtslos zerstört hat.
Ich bin mir sicher, dass ihr die Dinge sehr viel besser versteht als meine Generation und wer weiß, vielleicht lernen wir ja auch noch was dazu. Dass ein Blick von außen immer hilft. Dass dieses zerbrechliche Raumschiff Erde sehr viel kleiner ist als die allermeisten Menschen sich das vorstellen können. Wie zerbrechlich seine Biosphäre ist und wie limitiert seine Ressourcen. Dass es sich lohnt, mit seinen Nachbarn gut auszukommen. Dass Träume wertvoller sind als Geld. Und dass man ihnen eine Chance geben muss. Dass Jungen und Mädchen Dinge genauso gut können, aber dass doch jeder von euch eine Sache hat, die er besser kann als alle Anderen. Dass die einfachen Erklärungen oft die falschen sind und dass die eigene Sichtweise immer unvollständig ist. Dass die Zukunft wichtiger ist als die Vergangenheit und dass man niemals ganz erwachsen werden soll. Dass Gelegenheiten immer nur einmal kommen. Und dass man für Dinge die es wert sind auch mal ein Risiko eingehen muss. Dass ein Tag an dem man was Neues entdeckt hat, über seinen Horizont hinaus geschaut hat, ein guter Tag ist.

Ich wünschte mir ich könnte durch eure Augen in die Zukunft schauen in eure Welt und wie ihr sie seht. Das geht leider nicht und deswegen ist das einzige was mir bleibt zu versuchen eure Zukunft möglich zu machen. Und zwar die Beste die ich mir vorstellen kann.

Internationale Raumstation, Kommandant der Expedition 57,
Alexander Gerst, 25. November 2018, 400 Kilometer über der Erdoberfläche

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Tweet und Youtube-Video

YouTube Video:

English captions copied from YouTube video:

ESA astronaut Alexander Gerst recorded a message in German to his future grandchildren from the International Space Station’s Cupola observatory during his Horizons mission in 2018. Although this message is addressed to his descendants, it applies to all of us. Everyone should contribute to the protection and improvement of this planet we call home.
Alexander’s message is as follows:

Dear grandchildren, You have not been born yet, and I do not know if I will ever meet you, so I’ve decided to record this message for you.
I’m on the International Space Station in the Cupola Observation Module gazing down at your beautiful planet. And although I’ve now almost spent a year of my life in space and looked at Earth every single day, I just can’t get enough of this view. I know it probably sounds strange to you, but at the time the Space Station was built and was up here in orbit, not everyone was able to travel into space and see the Earth from a distance. Before me, only around 500 people had the chance. At this very moment, there are 7 billion people living down there on Earth and only three of them live in space. And when I look down at the planet, I think I need to apologise to you. Right now, it looks like we – my generation – are not going to leave this planet in its best condition for you. Of course, in retrospect many people will say they weren’t aware of what we were doing. But in reality, we humans know that right now we’re polluting the planet with carbon dioxide, we’re making the climate reach tipping point, we’re clearing forests, we’re polluting the oceans with garbage, we’re consuming the limited resources far too quickly, and we’re waging mostly pointless wars. And every one of us has to take a good look at themselves and think about where this is leading. I very much hope for our own sake that we can still get our act together and improve a few things. And I hope that we won’t be remembered by you as the generation who selfishly and ruthlessly destroyed your livelihood. I’m sure you understand these things much better than my generation. And who knows, maybe we’ll learn something new, such as: taking a step always helps; this fragile spaceship called Earth is much smaller than most people can imagine; how fragile the Earth’s biosphere is and how limited its resources are; that it’s worth getting along with your neighbours; that dreams are more valuable than money and you have to give them a chance; that boys and girls can do things equally well, but that every one of you has one thing that he or she can do much better than all the others; that the simple explanations are often wrong and that one’s own point of view is always incomplete; that the future is more important than the past; that one should never fully grow up; and that opportunities only come along once. You have to take a risk for things that are worth it, and any day during which you discovered something new – one where you gazed beyond your horizon – is a good day. I wish I could look into the future through your eyes, into your world and how you see it. Unfortunately, that is not possible and therefore the only thing that remains for me is to try to make your future the best one I can possibly imagine.
International Space Station – Commander of Expedition 57 – Alexander Gerst – 25 November 2018 – 400 km above the Earth’s surface

Von alex

Bloggt seit 1999/2000, glücklicher Ehemann und Papa. Gebürtig aus der Uni-Stadt Tübingen und dann 2010 nach Frankfurt am Main gezogen. Von dort Ende 2022 weggezogen und leben glücklich im ländlicheren Raum. Mehr auf meiner Über mich-Seite