Eigentlich wollte ich nicht wirklich was zu den Ergebnissen der Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen schreiben. Es ist viel dazu geschrieben worden – wieder Sondersendungen oder fragende Gesichter der Bundespolitiker gesehen (schon aufgefallen, dass im Fernsehen die Anzahl der männlichen Politiker bei Wahlen höher ist?) und wirklich ändern wird sich nichts. Die typischen Buzzword-Floskeln wie „Klares Zeichen“, „Denkzettel“, „Votum zur Kenntnis“ und auch „Hat einen Einfluss auf Bundespolitik“ und viele andere nerven und regen mich zumindest auf.
Es ist ja nicht überraschend, wie „stark“ die rechtsextreme faschistische Partei in blau werden würde. Es war auch seit der letzten Landtagswahl in Bayern klar – und dennoch haben die Herren der CDU und CSU es sich nicht nehmen lassen, den politischen Gegner doch aus der grünen Ecke anzugreifen, anstatt klar und deutlich Politik und Oppositionspolitik zu machen. Aber Populismus, Hetze und das eigene Versagen der letzten mindestens 16 Jahre im Bund und Land kann besser kaschiert und überspielt werden, als sachliche Politik.
Das Ergebnis? Die blaubraunen Faschisten gewinnen, Menschen wählen lieber das Original als die billige Kopie von Merz, Söder und Co. Was uns das bringt? Schlechte Presse auch international und vermutlich eine Abwanderung von dringend benötigten Menschen mit Kenntnissen in allen Berufszweigen. Und noch weniger politische Möglichkeit, das Land nach vorne zu bringen und aktiv zu gestalten. Für Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Fortschritt spreche ich da nicht mehr. Und ich fange auch nicht an, über die Partei „Die Linke“ was zu schreiben. Oder auch unsere grüne Mitstreiter*innen, wobei das etwas anders zu betrachten ist – in den meisten Großstädten sieht das gut aus, aber je mehr auf das ländliche geschaut wird, desto blaubrauner wird es. Traurig.
Ein Erfolgsrezept für andere Politik habe ich aktuell nicht im Köcher, vieles haben wir schon lange probiert, wir sind auch eigentlich erfolgreich darin, nur nicht – die Umsetzung besser zu vermarkten und zu kommunizieren. Ich bin kein Berufspolitiker, sondern nur ehrenamtlich aktiv als Beisitzer im Kreisverband und Sprecher im Ortsverband – daher ist mein Reichweiten-Radius begrenzt und meine Kraft auf das Lokale und Kommunale begrenzt.
Für die nächsten Jahre stehen uns harte Wahlkampfzeiten bevor, zuerst der Bundestagswahlkampf und wenige hundert Tage später in Bayern der Kommunalwahlkampf. Immerhin auf kommunaler Ebene möchte ich mich einsetzen und engagieren und vernetze mich gerade dahingehend. Denn ich kann jetzt keine Berge versetzen, aber ich möchte dennoch kleine Stellschrauben verstellen können, oder zuminest daran mitwirken, dass sich Dinge ändern können. Aber dazu im nächsten Jahr dann eher mehr. Hier geht es um was anderes.
Damit das klar ist, nicht alle Menschen haben blaubraune Faschisten gewählt, viele haben demokratisch agierende Parteien gewählt, aber leider nicht die Mehrheit. Das ist traurig und ich möchte jetzt auch nicht gleich die nächsten Wochen Demonstrationen und Kundgebungen „wir sind bunt“ oder „gegen rechts“ haben, weil das letzendlich zwar die Sichtbarkeit zeigt, aber an der Wahlurne zeigt sich dann ein anderes Gesicht.
Wenn ich in einigen Jahren auf diesen Blogbeitrag zurückschauen sollte – dann hoffe ich, dass ich sagen kann, hui – damals waren die über 30%, in der Zukunft sind sie wieder auf 3% gesunken – und ehrlich, ich möchte dass die Zukunft noch so ist, dass ich das erleben kann und darf. Und dass eine Wahl dann noch möglich ist.
Bleibt gesund, passt auf euch auf und lebt immer so, dass es Faschisten ärgert.
Peace. Out.
Ich muss dir leider widersprechen: Politik hat nicht alles versucht. Sie hat schon dadurch versagt, weil sie in den letzten Jahrzehnten nach dem Krieg nicht daran gearbeitet hat, die Gesellschaft demokratisch zu gestalten. Ja, es hat sich viel verändert. Frauen sind – vom Papier her – gleichberechtigt, aber noch viel mehr ist gleich geblieben. Schule, Wirtschaft und Familie sind Institutionen, die inhärent autoritär organisiert sind. Menschen werden also nicht demokratisch, sondern autoritär sozialisiert. Und jetzt die Frage: Wie soll ein autoritär sozialisierter Mensch eine demokratische Gesellschaft stützen und gestalten?
Hinzu kommt, und darüber habe ich letztens auf meinem Blog geschrieben, dass die etablierten Parteien keine Grundwerte mehr haben. Keine Standpunkte, die rote Linien kennzeichnen und die nicht zum Diskurs stehen. Die keine Kompromissmasse sind und die den Wähler*Innen eine Orientierung geben, wen sie wählen sollten, wenn sie bestimmte Werte und Standpunkte in einer Regierung vertreten sehen möchten. Oder zumindest in der Opposition. Alle versuchen irgendwie die „Mitte“ zu sein, aber das geht nicht, nicht in einer Demokratie, wo wir einen Wettbewerb der Ideen brauchen.
Als dritter Punkt kommt hinzu, dass die Demokratie an sich nie weiterentwickelt wurde. Repräsentative Demokratie ist eine Brückentechnologie. Sie führt entweder zu einer demokratischen Gesellschaft oder zurück in den Faschismus. Eine demokratische Gesellschaft bedeutet aber, dass die Menschen wirklich mitmachen können, nicht nur alle paar Jahre ein Kreuz setzen, sondern aktiv in Entscheidungen einbezogen werden. Da sind wir dann aber wieder bei Punkt eins, die fehlende demokratische Sozialisierung. Deswegen ist die derzeitige Entwicklung tatsächlich erschreckend, aber für mich leider auch nachvollziehbar. Die Lösung muss durch irgendeine autoritäre Person oder Partei kommen, mitmachen und mitgestalten wurde ja so nie erlernt.