Quo Vadis #Piraten – #Piratenland bald abgebrannt?
(an alle #tldr-Leute, klickt lieber hier)

Seit 2009 sympathisiere ich mit euch, war auf etlichen Zensursula-Demos mit dabei und war (wie ich erst jetzt weiß) ein sogenannter Freibeuter. Bin seit Februar 2011 nun Pirat im KV Frankfurt geworden, weil ich die Piraten und ihre Motivation einfach anders Politik zu machen, richtig spannend und klasse fand. Ich bin mitten in einen kommunalen Wahlkampf reingerutscht und habe da nicht viel Durchblick bekommen, weil auch die wenigen aktiven Piraten so mit Arbeit bepackt waren, als das sie sich hätten um Neulinge kümmern können. Nach und nach bin ich dann allerdings mehr und öfters zu Stammtischen oder Veranstaltungen gekommen und habe sogar auch aktiv bei der Innenministerkonferenz-Demo in Frankfurt mitgemacht.

Erstens hab ich als Neu-Frankfurter ein wenig die Innenstadt und die Straßen kennen gelernt, andererseits auch Kontakt zu weiteren Piraten geknüpft, die man via Mailinglisten her kannte. Und zweitens wurde über die Inhalte weiter diskutiert und sich ausgetauscht. Habe dann auch aktiv bei der Frankfurter OB-Wahl mitgemacht, habe Flyer verteilt, an Infoständen gestanden und gemeinsam mit anderen einen Film gedreht.

Es war lange Zeit immer ruhig auf den Stammtischen, meistens die üblichen Verdächtigen und Aktiven, nicht mehr als 10-15 Leute. Und dann kam der Landesparteitag in Rüsselsheim und ich lernte weitere Piraten aus Hessen kennen – und begann dann die PPH (hessische Mailingliste) zu abonnieren, das Mailaufkommen war viel höher – nicht unbedingt die inhaltliche Auseinandersetzung, eher die Menge an E-Mails. Eine Zeit lang hab ich dann auch mal die „Aktive“ abonniert, aber aufgrund von zu viel Trollen und Idioten, die Müll versenden, dann wieder abbestellt.

Habe dann auch innerhalb Hessens die Stimmung gespürt bei vielen Piraten, dass ich richtig bin und ein gemeinschaftlicher Geist irgendwie alle umweht. Ok, ich gebe zu, mit einigen Piraten konnte ich nicht viel anfangen, da sich einige Punkte unseres politischen Denkens nicht „freund“ waren, aber hey – das ist das tolle an einer Demokratie, man respektiert sich trotzdem für die ehrenamtliche Arbeit die man für die Partei leistet und erbringt.

Ich begann langsam mich „hineinzufinden“ in das zum Teil immer noch wirre System der Piratenlandschaft. Und dann – wurden 15 Berliner Piraten in ein Abgeordnetenhaus gewählt und von da an änderte sich vieles. Die ersten paar Wochen nach den Wahlen erschienen Neuinteressierte an totgeglaubten Stammtischen und es wurden immer mehr. Der „Piraten-Hype“ begann. In Frankfurt dann plötzlich begann ein Oberbürgermeister-Wahlkampf weil die bisherige Oberbürgermeisterin Petra Roth nicht erneut kandidieren wollte (CDU). Und die Frankfurter Piraten wählten einen OB-Kandidaten und dies musste natürlich beworben werden. Und aufgrund des Piraten-Hypes erkannten viele Personen bei Infoständen (hey, es war richtig kalt draußen!), dass wir Piraten nicht nur hinter den PCs saßen oder Chips in uns reinfutterten, sondern auch normale Menschen waren (Klischee entkräftet). Je näher das Ende des Wahlkampfes kam, desto mehr Flyer wurden uns entrissen, mehr Fragen zu Programmen und Inhalten (weniger kommunal) wurde nachgefragt und umso mehr Mitgliederzuwachs verzeichneten wir, nicht nur in Frankfurt, sondern bundesweit.
Das mit dem Mitgliederzuwachs ist eigentlich erfreulich. Andererseits ging das so schnell, dass die inneren Strukturen nicht richtig nachwachsen konnten und sich die wenigen Aktiven, die sich vorher schon kannten, weiterhin um sich selber kümmerten und dadurch schon fast eine 3-Piraten-Klasse bildeten. Ich will hier niemanden persönlich affektieren oder angreifen, aber seit wenigen Monaten gibt es hinter vorgehaltener Hand auf Stammtischen oder via Tweets schon die Anzeichen. Ich will hier nur ganz kurz und nicht repräsentativ die Klassen aufzählen:

1. Klasse-Pirat:
Seit Gründung der Piraten dabei, natürlich mit in Berlin dabeigewesen, halten an den Grundprinzipien der Piratenpartei fest. Ziehen sich aber seit eineinhalb Jahren weiter aus der Aktiven Bewegung zurück, weil eine Veränderung eintritt, die sie ja „nie“ wollten oder wahr haben wollten

2. Klasse-Pirat:
Alle, die 2009 mit der Zensursula-Welle eintraten bis Frühjahr 2011 (so seh ich das jedenfalls). Sehr viel IT-lastige/nahe Personen 😉

3. Klasse-Pirat:
Diejenigen, die durch die Medienaufmerksamkeit nach der AGH-Berlinwahl (und den anderen Landtagswahlen) auf die Partei gestoßen sind, nicht unbedingt die Grundgedanken der 1. Klasse-Piraten inne haben, aber ähnliche Werte vermitteln möchten und genug von den „alten“ Parteien haben.

Nur zur Info – ich hasse es, uns Piraten in Schubladen oder Klassen zu stecken, das ist nur gefühlt meine Wahrnehmung…

Diese Symptome oder Eigenschaften hat auch eine andere große Partei erlebt, wollen es aber nicht so wirklich wahr haben.. Ja, die Grünen. Die sehen die Piratenpartei als „die Gefahr für die Demokratie“ an – anstatt sich darüber zu freuen, dass in einem Land wie Deutschland eine weitere demokratischere Partei gefunden hat, die Nichtwähler mobilisieren und Politik wieder spannend machen kann. Aber nein, die einstigen „coolen“ (Grünen) merken, wie die Felle und Jungwähler oder Nachwuchs davon schwimmt, geschwiege denn (ganz ganz schlimm) sogar Mitglied in der Piratenpartei werden könnten oder können.

Oh weia! Wie schlimm. Gar nicht! Mir ist es egal in welcher Partei sich Menschen engagieren solange sie nicht zur DVU, NPD oder anderem Scheiß-Gesocks, das gegen die deutsche Verfassung verstößt.

Nun sind die Landtagswahlen in Berlin, Schleswig-Holstein, Saarland und in Nordrhein-Westfalen vorbei und schon steht der nächste Stress an, im Jahr 2013 die Bundestagswahl und Landtagswahlen in anderen Ländern, auch hier in Hessen. Ja, dann gibts ja auch noch die Europawahl danach. Und da wir Piraten ja jetzt so gute Ergebnisse erzielen, möchten wir auch in die Landtage und in den Bundestag einziehen. Und ins Europaparlament.
Doch bis dahin ist es ein harter und steiniger Weg. Und derzeit (eigentlich schon die ganze Zeit) bekämpfen sich die Piraten selber und die Steine, die uns den Weg versperren, werden größer. In Hessen haben wir das durch viele sinnlose E-Mails auf den Mailinglisten bemerkt und nun wird über ein Selbstfindungsgrillen nachgedacht und für gut befunden. Einfach ein Treffen, an dem sich hoffentlich viele sehen, miteinander in echt sprechen.
Ja, das Treffen soll offline ohne Streaming stattfinden – wieder zu den Inhalten und Aktionen zurückgefunden werden und das Gemeinschaftsgefühl gestärkt werden.
Ich erhoffe mir durch ein solches Treffen, eine lockere Atmosphäre, viel interessante Gespräche und vor allem eines: das wir uns nicht verbrennen.

Ja, viele Aktive und Noch-Aktive sind bald ausgebrannt, weil sie viele Aufgaben lieber selber erledigen als anderen das Wissen weiter zu vermitteln und auf mehrere Schultern zu verteilen. Das Wissen und Know-How sollte wieder mehr auf viele verteilt werden.

Ein Beispiel welches bei anderen Kreisverbänden auch existent ist:
Der KV Frankfurt hat derzeit 324 Mitglieder, aber nur gefühlt 20 Leute sind aktiv mit dabei und noch weniger Leute engagieren sich bei Infoständen oder Mahnwachen. Das ist ermüdend, weil sich frühere Aktive zurückgezogen haben und man die Personen dringend bräuchte, früher wurden Grabenkämpfe zwischen kleinen Seilschaften ausgefochten die mich als Neuling genervt haben. Ich würde es gerne sehen, wenn sich viele wieder mehr beteiligen würden, muss ja nicht gleich mega aktiv bei Infoständen sein, kann auch via virtuelle Meinungsbilder (vMB) oder Mailinglisten sein.. Wobei ich hier auch das als Aufgabe des Vorstandes sehe – leider ist der auch wie überall anders schon fast wieder ausgebrannt (Vorsitzende), und bei vielen Beisitzern ist man sich nicht mehr sicher, warum sie gewählt wurden.

Deshalb bin ich sehr gespannt, wohin die Reise hingeht – quo vadis – und ich hoffe, dass sich die nächste Zeit doch was ändert und ich nicht resigniere oder aufgeben. Das wäre dann ein Sieg für die Kritiker, Trolle und Nörgler. Und das möchte ich eigentlich nicht.

Anbei noch einige Links zu einigen ähnlichen Blogposts:

http://kollegejansen.wordpress.com/2012/07/05/ab-wann-ist-man-eigentlich-pirat-ein-erklarungsversuch/

http://www.piratenpartei-hessen.de/piratengedanken/2012-06-24-von-der-transparenz-ins-flammende-inferno-der-weg-der-piraten-die-macht

http://blog.janleutert.de/2012/07/gastbeitrag-gibt-es-noch-die-eine-piratenpartei/

Wie seht ihr das?

Von Alexander

2 Gedanke zu “Quo Vadis #Piraten – #Piratenland bald abgebrannt?”

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