Angeregt durch den Rückblick von Hubert auf das Barcamp Stuttgart 2024 und weil viele Blogparaden derzeit laufen, habe ich mich mit den Sessions von Uwe und Hubert (ich war nicht vor Ort) auch gedacht, dass daraus eine Blogparade oder zumindest ein Blogbeitrag entstehen könnte. Und deshalb den Titel „Verlust der digitalen Heimat“ genannt, also wenn Du auch was dazu schreiben möchtest, dann nur zu.

Intro

Uwe Hauck hatte den Sessiontitel „Ist Social Media tot? Oder riecht es nur komisch?“ und Hubert „Ich habe meine digitale Heimat verloren“ und sie haben das gemacht was bei Barcamps üblich und typisch ist – statt zwei Sessions zu halten, haben sie sich zusammengeschlossen und eine gemeinsame Session gehalten. Sehr cool.

Ich war nicht vor Ort, aber ich finde gerade das sehr bezeichnend, was Hubert mit „digitale Heimat verloren“ meint. Deshalb mein Blogtitel „Verlust der digitalen Heimat“.

Meine digitale Heimat

Es gibt nicht „die“ digitale Heimat. Es gibt viele. Für jeden Menschen sieht die digitale Heimat anders aus. Auch deshalb, weil sie zu unterschiedlichen Zeiten oder Ereignissen stattfindet oder angenommen wurde. Meine Meinung. Deshalb möchte ich hier im Blog auch kurz schreiben, was ich unter meiner digitalen Heimat verstehe, also als Person Alexander Schnapper.

Wenn ich mich richtig erinnere, hatte ich früh mit Computern Kontakt. Bei meinem Onkel gab es einen Computer, auf dem es unter anderem Grafikprogramme gab, was ganz lustig war, denn ich habe erst später verstanden, dass es eigentlich Programme für Physik waren und ich lernte durch ihn ein wenig PASCAL Programmierung, ohne zu wissen, warum oder wieso? Aber es hat Spaß gemacht. Später dann haben wir in der eigenen Familie einen Computer erhalten, nachdem mein Vater einen gekauft hat. Und da dann über AOL ins „Internet“ und später dann in die Usegroups und die ersten Internet Anzeigen oder Angebote von Zeitungen gestöbert.

Später mit eigenem Computer und IRC und anderen Portalen oder Internetverzeichnissen von Homepages (Hallo GeoCities von Yahoo) eine erste Homepage mit einem Tool von Netscape gebaut (nur noch über das Internet Archiv zu sehen). Nur ohne richtige Verlinkung oder SEO Tools von heute war es nicht leicht andere ähnliche Blogger oder Website Eigentümer*innen zu treffen. Also außerhalb von Usenets. Da kam dann das DMOZ. Dort konnten viele gemeinsam ein offenes Webverzeichnis aufbauen und so begann die Vernetzung und nach und nach lernte ich so viele Menschen international kennen. Über ihre Blogs, das gegenseitige Kommentieren (was leider nicht mehr so läuft) und die Vernetzung.

In eben dieser digitalen Welt fühlte ich mich zuhause, neben dem realen Leben und meinen Hobbies. Als neben dem IRC auch noch Social Media Umgebungen wie Facebook (ja, ich weiß, es gab diese Schüler/StudiVZ/mySpace auch noch) und dann Twitter (heute X) entstanden, wuchs die große Welt immer enger und schneller zusammen, also meinem Gefühl nach. Microblogging statt vieler Blogbeiträge war einfacher und nicht so anstrengend wie manche Blogbeiträge zu lesen. Das hatte seine Vor- und Nachteile. Diese digitale Heimat wuchs immer mehr zusammen, ich habe tolle Menschen kennengelernt, auch beruflich durch verschiedene Netzwerke viel gelernt und konnte mich auch verändern. Es passte vieles. Ich möchte hier auch nicht zu viel von früher schreiben.

Verlust der digitalen Heimat

Aber als dann Twitter durch die Übernahme von E.M. endgültig und schon lange nichit mehr nutzbar war, verabschiedete ich mich auch. Ich deaktivierte genau vor einem Jahr meinen Account. Und trotz der Euphorie auf Mastodon, BlueSky und bei Threads bin ich nirgendwo richtig heimisch geworden und fühlte mich wohl wie bei früheren Zeiten auf Twitter. Die Euphorie und Begeisterung von früher sind verflogen, wahrscheinlich auch die Naivität gewichen mit der Realität und dass eigener Content oder Inhalte wie auf einem eigenen Blog besser sind als auf fremden Umgebungen. Nicht jedes neue Tool begeistert mich, ich habe mich vom „FOMO“ (Fear of missing out) zu einem „JOMO“ (joy of missing out) gewandelt, ich bin kein Early Adopter mehr.

Ja, durch den Wegfall der früher aktiven Community auf Twitter auf unterschiedliche Kanäle hat sich vieles verändert. Ok, natürlich haben sich auch die Menschen und die Lebensumstände verändert. Ich denke auch, die Corona-Pandemie hat das Verhalten auf den verschiedenen Umgebungen geändert und verstärkt. Insofern ist nicht nur meine digitale Heimat ein stückweit verloren gegangen, sondern auch anderen Menschen ihre. Jedenfalls ist das mein Gefühl.

Und was jetzt?

Tja, den Kopf einfach in den Sand stecken geht nicht. Wohl aber, meine Zeit eher besser zu streuen und Energien da hinzuleiten, wo ich denke, dass da auch Mehrwert entstehen kann. Deshalb lese ich verstärkt seit Monaten Blogs, kommentiere hier und dort und bin eher (auch aus beruflichen Gründen) auf LinkedIn aktiv. Aber ich werde nicht mehr so viel Zeit wie bei Twitter-Zeiten in Netzwerke wie Threads, Bluesky oder Mastodon investieren. Mein Ehrenamt in der Politik wartet neben meinem Beruf und der Familie ja auch und haben natürlich einen höheren Stellenwert. Also Familie, dann Beruf und dann ehrenamtliche Tätigkeiten. Nur um das klar zu stellen. 😉


Und wie ist deine Meinung dazu? Was verbindest Du unter „digitale Heimat“ oder nennst du das eventuell anders? Lass es mich wissen, schreibe Deinen Kommentar hier unten auf oder kontaktiere mich über verschiedene Kanäle. Freue mich darauf.

Von alex

Bloggt seit 1999/2000, glücklicher Ehemann und Papa. Gebürtig aus der Uni-Stadt Tübingen und dann 2010 nach Frankfurt am Main gezogen. Von dort Ende 2022 weggezogen und leben glücklich im ländlicheren Raum. Mehr auf meiner Über mich-Seite

14 Gedanke zu “Blogparade „Verlust der digitalen Heimat“”
  1. Ich denke, meine digitale Heimat hatte ich irgendwann im Zeitraum 2005-2015 mit der Kommunikation in größeren Foren gefunden und verloren. Eine grandiose Zeit, mit fantastischen Menschen, schillerenden Menschen, fantastischen Diskussionen und Ausleben von Sinn und Unsinn in teils endlosen Fäden.

    Nach dieser Zeit war ich nirgends mehr richtig heimisch. Mit Twitter bin ich nicht warm geworden (konnte mich nur eine gewisse Zeit über ‚Twitterperlen‘ amüsieren), Auf Facebook (war Anfang der 2010er in D neu!) war ich nicht und auch Insta, Reddit, usw. war nichts für mich.

    Aktuell scheint für die digitale Boheme Tiktok der heiße Scheiss zu sein, und onlyfans. Oder ist das schon wieder out? Offenbar hat alles seine Zeit und die große Zeit des Internets ist vielleicht sowieso schon vorbei, Stichwort: Dead Internet bzw. Dark Forest Theory o.t. Internet. Vielleicht quatschen nur noch die AIs mit sich selbst und tauschen seltsame (grotesque) Bildchen austauschen.

    (Richtiggehend verblüfft bin ich allerdings darüber, dass die allermeisten ‚Beziehungsanbahnungen‘ jedoch über Tinder et al. erfolgen.)

    Wir finden vielleicht ein Plätzchen und verfolgen das Geschehen nunmehr mit mildem Interesse.

    1. Ok, wenn ich das so lese, dann war natürlich GiMiX, der Chat von GMX 1999-200x, meine erste digitale Heimat. Gut, dass ich meinen Beitrag zur Blogparade noch nicht veröffentlicht habe, das muss ich wohl ergänzen 🙂

  2. Schöner Blogpost! Ein eigenes Blog, am besten selbst gehostet, ist m.E. die beste aller digitalen Heimaten, die es geben kann. Mit diesem Microbloggen ist das doch gar nicht zu vergleichen! 🙂
    Bei X bin ich immer noch, wenn auch viel weniger als früher. Über die Gründe hab ich gebloggt (siehe Namenslink).
    Social Media kommen und gehen, Blogs bleiben!

    1. Hallo Claudia, ja, vielen Dank für deinen Kommentar – ein eigenes Blog – selbstgehostet (oder bei einem Hostinganbieter) – ist absolut besser als kommerzielle Platformen

  3. In letzter Zeit tendiere ich wieder mehr dazu, meinen eigenen Blog zu pflegen. Es gab tatsächlich eine Phase, in der ich keinen großen Sinn darin gesehen habe. Aber das hat sich inzwischen gewandelt. Warum? Um ehrlich zu sein, haben das andere ausgelöst – genauer gesagt, die ganzen Paywalls von Zeitungen und Zeitschriften.

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